Qualifikationsplus hätte Produktivitätswachstum anregen müssen
Bezüglich der Qualifikation der Erwerbstätigen gibt es zwei Entwicklungen, die das Produktivitätswachstum eigentlich hätte anregen sollen. Erstens gibt es immer mehr Erwerbstätige mit Hochschulabschluss. Der Anteil der Arbeitszeit, die auf Jobs, bei denen ein Hochschulabschluss Voraussetzung ist, entfällt, ist von etwa zehn Prozent in 1984 auf knapp 30 Prozent in 2017 gestiegen. Zweitens geht das Arbeitsvolumen von Jobs ohne Qualifikationsvoraussetzung zurück, von knapp 40 Prozent in 1984 auf rund 20 Prozent in den letzten Jahren.
Sektoraler Wandel hat nur geringen negativen Einfluss auf Produktivitätswachstum
Als Grund für das rückläufige Produktivitätswachstum wird oft der sektorale Wandel (Verschiebung von Produktion in den Dienstleistungssektor) genannt. Das überproportionale Wachstum des Dienstleistungssektors hat das Produktivitätswachstum tatsächlich gebremst, aber nur um 0,2 Prozent.
Wachsende Bürokratisierung als ein Grund für gehemmtes Produktivitätswachstum
Ein Grund für das schwächere Wachstum sind für Studienautor Karl Brenke die zunehmenden bürokratischen Vorgaben und Prozesse, die mehr Arbeitsaufwand verursachen, aber keinen Bezug zur eigentlichen Wertschöpfung haben. Die wachsende Bürokratisierung ist einerseits auf den Staat, etwa mittels Auflagen für die Kooperation mit öffentlichen Auftraggebern, und andererseits auf die Unternehmen, z. B. wenn diese neue Funktionen schaffen, zurückzuführen. Der Mikrozensus zeigt, dass sich die Beschäftigungsstruktur verändert hat. Mit sinkendem Produktivitätswachstum stieg der Anteil der bürokratischen Tätigkeiten. Das trifft auch auf Branchen mit hoher Produktivität zu. Im verarbeitenden Gewerbe hatten hochqualifizierte Verwaltungsberufe 1996 einen Anteil von 0,6 Prozent, in 2016 lag er schon bei 3,1 Prozent. Und auch bei den Führungstätigkeiten gab es ein Plus. Allerdings ist nicht klar, welchen Einfluss dieser Wandel auf den Arbeitsalltag anderer Beschäftigter hat. Für den Beweis und die Messung des möglichen Zusammenhangs wären Umfragen nötig, damit genau erfasst wird, wie die Arbeitszeit nach Aufgabentypen genutzt wird.