Die MICUS Management Consulting GmbH hat eine Studie veröffentlicht, die den intransparenten E-Mail-Anbietermarkt erstmalig etwas transparenter machen soll. Die E-Mail ist als Alternative zu Telefon, Briefpost und Fax nicht mehr wegzudenken. 60 % der Deutschen nutzen das Internet, 85 % von diesen nutzen E-Mails. Die Studie beschränkt sich auf Unternehmen in Deutschland, die E-Mail-Accounts für die Öffentlichkeit anbieten. Besondere Aufmerksamkeit wurde den Gesellschaftsformen, Kundenzahlen und Technik-Standorten geschenkt. Zur Durchführung der Studie wurden Fragebögen an 3200 Unternehmen geschickt, die per Post, Fax oder Internet beantwortet werden konnten. 6,5 % der Unternehmen antworteten. Die Fragen bezogen sich auf allgemein auf das Unternehmen, auf Zielgruppen, auf den Server und dessen Standort, auf die Kundenanzahl, auf Wiederverkäufer und den Marktanteil des Unternehmens in Bezug auf E-Mail-Dienste. Zusätzlich wurden Recherchen betrieben.
Südwest-Nordost-Gefälle bezüglich der Unternehmensanzahl in einer PLZ-Region und der Domain-Verteilung Betrachtet man die Anzahl an Unternehmen in einer Postleitzahlenregion, so ergibt sich ein Südwest-Nordost-Gefälle. In den südlichen Postleitzahlen-Gebieten („6“, „7“ u. „8“) sind 41 % der Unternehmen vertreten, im Norden (Gebiet „1“ und „2“) sind es bei ähnlichen Flächenverhältnissen nur 17 %. In den neuen Bundesländern sind es sogar nur 12 %. Diese Ergebnisse werden durch die regionale Verteilung der .de-Domains in Deutschland teilweise untermauert. So sind die neuen Bundesländer mit Ausnahme von Berlin und Leipzig extrem unterrepräsentiert. Auch bei diesen Ergebnissen ergibt sich ein Südwest-Nordost-Gefälle, wobei dieses nicht so ausgeprägt ist wie bei der Unternehmensanzahl. Die Standorte der E-Mail-Anbieter sind ähnlich verteilt. In Berlin, München und Hamburg sind die meisten Domains registriert. Auch Frankfurt am Main ist stark vertreten.
Vor allem Privatkunden und Unternehmen gehören zu den Zielgruppen des E-Mail-Anbietermarktes
Der Großteil der Unternehmen benennt als Zielgruppen Unternehmen und Privatkunden. Nur wenige Unternehmen bedienen Wiederverkäufer, sogenannte Reseller. Diese Unternehmen sind vermutlich weniger große Unternehmen, die viele Kleinst- und Kleinunternehmen zu ihren Kunden zählen. Noch seltener werden E-Mail-Dienste explizit für sonstige Kunden, d.h. Vereine und öffentliche Einrichtungen, angeboten. Die Unternehmen, die diese Angabe gemacht haben, bedienen wahrscheinlich kommunale oder regionale Behörden. Die meisten Unternehmen sind Einzelunternehmen oder Gesellschaften bürgerlichen Rechts. Es gibt also eine große Zahl an Kleinst- und Kleinunternehmen in diesem Markt. Die geringe Anzahl an Aktiengesellschaften deutet auf eine geringe Anzahl an großen bis sehr großen Unternehmen hin.
Der Großteil der Unternehmen besitzt einen eigenen Server in Deutschland
75 % der Unternehmen haben einen eigenen Server in Deutschland. Nur 7 % besitzen einen Server im Ausland. Für einige Unternehmen sind die Server im Ausland die einzige Lösung, für andere sind die Server im Ausland eine zusätzliche Möglichkeit zu bestehenden deutschen Servern. 1/3 der Unternehmen nutzen Server von Drittanbietern in Deutschland. 4% nutzen einen ausländischen Server über Drittanbieter.
86 % des Marktes werden von Großanbietern beherrscht
Um die 60 % der Unternehmen sind Kleinst- oder Kleinunternehmen, die weniger als 1000 Kunden haben. Ca. 30 % der Anbieter haben einen Kundenstamm von 1000 bis 10000 Kunden. Nur 2 % der Unternehmen sind große bis sehr große Unternehmen, die mehr als 20.000 Kunden haben. Diese großen Unternehmen, wie z.B. United Internet mit GMX und WEB.DE, 1&1 und T-Online, beherrschen den Markt zu 86 %. Die kleinen Unternehmen bedienen den Rest des Marktes. Die Studie hat gezeigt, dass nur wenige Unternehmen wissen, wie viele Kunden von ihren Resellern bedient werden, weil diesen zum größten Teil nur Server oder Speicher ohne konkrete Postfach- oder Kundenbeschränkung zur Verfügung gestellt werden.
Der Markt ist hochgradig intransparent
Der Markt ist sehr wettbewerbsintensiv. Er wird von den Großunternehmen beherrscht, während die vielen Kleinst- und Kleinunternehmen nur eine Nebenrolle spielen. Diese Situation ist durch die geringen Eintrittshürden in den Markt bedingt. Man braucht als Geschäftsgrundlage nur einen Server, der sich günstig mieten lässt. Es gibt nur selten Unternehmen, die nur E-Mail-Dienste anbieten, weil sich ein solcher Dienst am Markt kaum lange halten kann. Da E-Mail-Dienste selten allein angeboten werden, werden sie auch nicht allein aufgeführt, wodurch es schwierig wird, die einzelnen zusammenhängenden Geschäftsfelder eines Unternehmens zu trennen. Das Marktvolumen für E-Mail-Dienste lässt sich mit etwa 3,7 Milliarden Euro beziffern. Die hohe Intransparenz des Marktes wird noch verstärkt durch einen geringen Organisationsgrad. Insbesondere die kleinen Unternehmen sind nicht in Branchenverbänden organisiert, was dazu führt, dass das Marktvolumen, Kundenzahlen und Unternehmensstrukturen weder den Unternehmen noch den Verbänden bekannt sind. In den letzten Jahren wurden etwa 1 Million Domains pro Jahr neu angemeldet. Im Jahr 1997 waren es noch 50.000 pro Jahr, 1999 war diese Zahl schon auf 500.000 gestiegen. Dieses Wachstum zeigt das Marktpotenzial und die zu erwartende Steigerungsrate für E-Mail-Anbieter.
Fazit
Bis zu 80 % des E-Mail- Verkehrs ist Spam. Das ist nicht nur für den Server und die Netzwerke, sondern auch für den Nutzer belastend und gefährlich. Kommerzielle Werbung für fragwürdige Produkte und Dienstleistungen und Phishing sind weiterhin auf dem Vormarsch und das ist auch in Zukunft nicht anders zu erwarten. Außerdem ist die E-Mail in punkto Datensicherheit nicht mehr zeitgemäß. Wenn eine E-Mail nicht gerade verschlüsselt ist, ist sie vollkommen ungeschützt und kann von jedem gelesen werden, wenn sie verschickt wird. Dies ist vor allem problematisch beim Versand von internen und schützenswerten Daten. Da zu erwarten ist, dass der Markt weiterhin überdurchschnittlich wachsen wird, und die damit verbundenen Risiken und Gefahren schon jetzt erkennbar sind, ist es notwendig, Aktivitäten zur Steigerung der Datensicherheit und Maßnahmen zur Verhinderung von Spam zu ergreifen. Diese Probleme sind nicht auf nationaler Ebene zu lösen. Sie erfordern internationale Kooperation und Abstimmungen der Marktakteure, Verbände, Organisationen und vor allem der Politik. Allerdings sind die Lösungsmöglichkeiten umstritten.