Fahrschulen mit höherem Preisniveau haben in der Regel nicht weniger Fahrschüler als vergleichbare Mitbewerber - aber sie verdienen deutlich mehr. Da macht es Sinn, sich über die Umsetzung einer Premiumstrategie Gedanken zu machen.
Auszug aus FAHRSCHULE 04/2017 - Ausgabe 4
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Ein Bier für vier Euro. Ist das teuer? Kommt darauf an. Wenn man im Urlaub am Strand liegt und im gegenüberliegenden Luxushotel in der Bar ein Bier bestellt, sind vier Euro wohl eher günstig. Wenn man das gleiche Bier in einem kleinen, eher schäbigen Supermarkt in der Nachbarschaft des Strands kauft, erscheinen vier Euro dagegen teuer. Das Beispiel zeigt, dass unsere Preiswahrnehmung nicht immer rational ist, sondern von den Umständen abhängt. Darin liegt eine große Chance für Fahrschulen: Denn auch bei ihnen akzeptieren Fahrschüler grundsätzlich dann höhere Preise, wenn sie sich glaubhaft als Premiumanbieter positionieren. Dazu ist es nötig, dass der Fahrschulinhaber seine gesamte Wertschöpfungskette betrachtet und überlegt, an welchen Punkten er sich profilieren kann", erklärt Rüdiger van Hal, Geschäftsführer der Unternehmensberatung mediadefine aus Essen, die sich unter anderem auf die Themen Preisstrategie und Preismanagement spezialisiert. Denn eine Fahrschule, die höhere Preise verlangt als der Mitbewerber, muss den Fahrschülern auch einen entsprechenden Mehrwert bieten."
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Pricing - also Preisoptimierung - hat viel mit dem Image eines Unternehmens zu tun", sagt auch Unternehmensberater Rüdiger van Hal. Wer ein gutes Image hat, kann andere Preisstrategien umsetzen als andere Anbieter." Der Pricing-Experte nennt Luxushotels als Beispiel: Natürlich übernachtet man dort sehr bequem. Doch erst die ganz besondere Mischung aus attraktivem Ambiente und erstklassigem, geräuschlosem Service macht den Unterschied zu Hotels mit weniger Sternen. Dass die Prozesse in einer Premium-Fahrschule reibungslos ablaufen müssen, ist selbstverständlich. Dazu gehören viele, viele Details, darunter eine gute telefonische Erreichbarkeit des Fahrlehrers, exakte Abrechnungen, pünktlicher Beginn von Fahrstunden und Theorieunterricht, interessante und klar gegliederte Unterrichtseinheiten, ungeteilte Aufmerksamkeit während der Fahrstunden. Die Liste lässt sich beliebig fortsetzen. Doch auch kleine Extras, die nicht viel kosten, können den Unterschied machen", sagt van Hal.
AUF ZUSATZLEISTUNGEN FRÜHZEITIG HINWEISEN
So kann eine Fahrschule zum Beispiel vor dem Theorieunterricht gratis Kaffee und Tee zur Verfügung stellen oder im Sommer in einer Kühltasche kleine Mineralwasserflaschen bereithalten und den Fahrschülern vor und nach der Fahrstunde anbieten. Zugegeben, die gesetzlichen Bestimmungen rund um die Preisgestaltung für eine Fahrschule sind relativ strikt. Doch selbst dann lässt sich die Wertschöpfungskette verlängern oder anreichern", sagt Rüdiger van Hal. Wer einen überdurchschnittlich hohen Grundbetrag ansetzt kann dafür zum Beispiel gratis Lehrmaterialien bieten oder preisgünstiges Üben am Fahrsimulator. Auch eine separate Lerneinheit für die Fahrschüler, die in wenigen Tagen die theoretische Prüfung absolvieren, kann als geldwertes Extra angeboten werden.
Selbstverständlich müssen die Kosten für alle Zusatzleistungen in der Kalkulation berücksichtigt werden. Ziel muss es sein, dass durch den Premiumpreis mehr als nur diese direkten Kosten erwirtschaftet werden. Die Zusatzleistungen sollten Fahrlehrer übrigens nicht nur vor dem Abschluss des Ausbildungsvertrags aufzählen. Sinnvoll ist es, wenn sie bereits bei telefonischen und persönlichen Anfragen von Interessenten in die Waagschale geworfen werden. Damit lassen sich Preisdiskussionen schnell eindämmen. Doch auch auf der Website sollten sie auffällig platziert werden. Denn die Chance, dass sich potenzielle Fahrschüler vor dem ersten Termin vor Ort im Netz informieren, ist hoch. Und die Punkte, warum es sich bei der Fahrschule xy um eine ganz besondere Fahrschule handelt, dürfen nicht fehlen.
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GUTE ERFAHRUNGEN MIT PREISDIFFERENZIERUNG
Innerhalb gewisser Grenzen ist jedoch auch beim Grundbetrag eine Preisdifferenzierung möglich: So kann eine Fahrschule einen Premiumtarif anbieten, bei dem Fahrschüler zum Beispiel jeden Tag den Theorieunterricht besuchen, ihren Fahrlehrer auswählen und ihre Fahrstunden weit im Voraus zu den besonders begehrten Zeiten reservieren können. Die Fahrschüler, die sich für den günstigeren Basistarif entschieden haben, können diese Services dagegen nicht in Anspruch nehmen.
In einigen Fahrschulen hat man mit dieser Preisdifferenzierung bereits gute Erfahrungen gemacht. Deren Inhaber berichten, dass sich die Mehrheit der Fahrschüler zwar nach dem Basistarif erkundigt, sich dann aber für den Premiumtarif entscheidet. Ob diese Preisstrategie tatsächlich aufgeht, hängt natürlich auch davon ab, in wie weit das Leistungspaket der Fahrschule tatsächlich attraktiv ist und wie hoch der Premiumaufschlag ausfällt. Wenn der Kunde einen Service nicht haben will, ist er auch nicht bereit, mehr dafür zu bezahlen als bei anderen Anbietern", sagt Pricing-Experte Rüdiger van Hal abschließend. Dem Kunden die Wahl zu lassen, ist daher sinnvoll. So lässt sich eine Premiumstrategie mit höheren Margen durchsetzen - ohne preissensible Fahrschüler davon abzuhalten, die Fahrschule überhaupt in Erwägung zu ziehen.
Zum Artikel "PREMIUM-STRATEGIE - DEN GEWINN DER FAHRSCHULE STEIGERN" von Eva Elisabeth Ernst in FAHRSCHULE - Das Magazin für erfolgreiche Fahrlehrer der BFV Berufsbildungs- und Fachverlag GmbH.