Das DIW Berlin hat einen Neun-Punkte-Plan zur Umgestaltung der Finanzmärkte vorgelegt. Kernpunkte dieses Plans sind der Rückzug des Staates aus den Landesbanken und die Schaffung einer nicht-kommerziellen europäischen Rating-Agentur. Auch die Schaffung einer uniformen europäischen Finanzmarktaufsicht, die Reform der Managervergütung und eine stärkere Eigenkapitalfinanzierung gehören ebenfalls zum Neun-Punkte-Plan. Der Grund für die Entwicklung des Plans ist, dass der Banken- und Finanzsektor nur durch eine neue Finanzmarktarchitektur langfristig stabilisiert werden kann.
Programm basiert auf neuen Grundregeln des Weltfinanzgipfels
Das Neun-Punkte-Programm des DIW Berlin basiert auf den neuen Grundregeln für weltweite Finanzmärkte, die auf dem Finanzgipfel in Washington vereinbart wurden. Eine hier getroffene Vereinbarung ist, dass alle Finanzmärkte, alle Finanzprodukte und alle Finanzmarktteilnehmer reguliert und angemessen überwacht werden soll. Die genaue Ausgestaltung soll im April festgelegt werden, wen auch über zentrale Punkte des Reformpakets vom DIW Berlin entschieden wird.
Minimierung des Koordinationsversagens
Ein wichtiger Faktor der aktuellen Krise ist massives Koordinationsversagen, einerseits bei der Krisenprävention und andererseits bei akuten Finanzkrisen. Um dies in Zukunft zu vermeiden, sollte das Financial Stability Forum bindende Regulierungsstandards entwickeln. Im Falle einer Krise sollten die Maßnahmen zentral abgestimmt werden, nach Meinung des DIW durch den IWF. Außerdem sollte eine europäische Finanzmarktaufsicht etabliert werden, da die europäischen nationalen Aufsichtsorgane machtlos und überfordert sind.
Zweistufige Finanzaufsicht für Europa
Europa soll nach Meinung des DIW Berlin eine zweistufige Finanzaufsicht bekommen. Eine europäische Finanzmarktaufsicht soll die Überwachung der international tätigen Finanzmarktakteure und die nationalen Aufsichtsbehörden überwachen während nationale Aufseher die regionalen Banken überwachen. Das Modell hat sich bereits bei der Europäischen Zentralbank und den nationalen Zentralbanken bewährt.
Anreize für Fehlverhalten bei Managervergütung reduzieren
Aufgrund von Fehlanreizen bei der Managervergütung haben Bankmanager stark in hochriskante, spekulative Geschäfte investiert haben. Mithilfe eines Fonds, bei dem Leistungsboni aus profitablen Phasen mit Abschlägen für unprofitable Phasen verrechnet werden, können solche Anreize eingedämmt werden. Die Auszahlung der Nettoboni sollte erst nach drei bis fünf Jahren ausgezahlt werden. Die Gesamtvergütung der Bankmanager sollte durch die Aktionärsversammlung genehmigt werden.
Nicht-kommerzielle Rating-Agentur für Europa schaffen
Momentan ist der Markt der Rating-Agenturen geradezu ein Oligopol dreier Anbieter, die von denen bezahlt werden, deren Produkte sie prüfen sollen, weshalb eine der Hauptursachen der Finanzmarktkrise die zu optimistische Bewertung von Kreditrisiken ist. Eine staatliche Agentur innerhalb der Euro-Zone könnte zum einen für mehr Wettbewerb und zum anderen für ein wirklich unabhängiges Kredit-Rating sorgen. Die nationalen Zentralbanken haben bereits entsprechende Bewertungsabteilungen.
Staat soll sich aus Landesbanken zurückziehen
Der Staat muss im Finanzsektor eine klar begrenzte Rolle spielen. Der Staat kann nicht ohne Probleme als Eigentümer von Finanzorganisationen fungieren, wie die deutschen Landesbanken gezeigt haben. Deshalb soll sich der Staat aus den Landesbanken zurückziehen und sich auf reine Förderbanken beschränken.
Keine Staatsgarantien für private Finanzdienstleister mehr
Wenn private Finanzdienstleister Staatsgarantien bekommen, fehlt der Anreiz zur sorgfältigen Auswahl von Investitionsprojekten und Vertragspartnern. Und aufgrund der kostenlosen Staatsgarantie ist es irrational eine private Versicherung der Ausfallrisiken vorzunehmen.
Bankbilanzen aussagekräftiger machen
Durch das Auslagern von Risiken in selbstständige Zweckgesellschaften oder Hedgefonds können Banken ihre Bilanzen schönen. Allerdings müssen Mutterbanken die Risiken wieder in die Bilanz übernehmen, wenn Ausfallrisiken eintreten. In Zukunft sollten die Risiken so behandelt wären, als wären sie nicht ausgelagert worden.
Keine „Breitbandregulierung“
Es darf trotz der Krise keine zu einheitliche Regulierung geben, denn internationale Finanzierungskonglomerate benötigen andere Rahmenbedingungen als regionale Mittelstandsbanken. Auch in der Aufsicht von staatlichen Förderbanken und privaten Geschäftsbanken müssen Unterschieden gemacht werden. Gerade Hedgefonds und Private Equity-Fonds brauchen eine spezifische Regulierung. Eine „Breitbandregulierung“ ist also nicht sinnvoll.
Eigenkapitalfinanzierung für Stabilisierung des Finanzsystems unabdingbar
Das Finanzsystem kann nicht dauerhaft stabilisiert werden ohne Eigenkapitalfinanzierung, wobei es keine Rolle spielt, ob es private Haushalte, Unternehmen oder Finanzintermediäre sind. Deshalb müssen Finanzierungsbeschränkungen für Private aufgrund mangelnder Bonität nicht als Kreditklemme, sondern als systemschonend anerkannt werden.