Handelt es sich bei den Keywords des Wettbewerbers bei AdWords-Kampagnen um Markenrechtsverletzungen oder nicht? Diese Frage beschäftigt den Bundesgerichtshof in drei Fällen, einer davon wurde nun an den Europäischen Gerichtshof weitergeleitet, von dem in etwa einem Jahr eine abschließende Antwort erwartet wird. Experten raten als Vorsichtsmaßnahme dazu, den eigenen Firmennamen als Marke schützen zu lassen. Die Entscheidungen des BGH lassen erste Tendenzen in der deutschen Rechtssprechung erkennen, in den USA wurde schon eine Entscheidung diesbezüglich getroffen. Die Nutzung negativer Keywords von Suchanfragen bezüglich einer fremden geschützten Marke ist auszuschließen. Dies berichtet das Magazin iBusiness.
BGH: Es darf keine Verwechslungen zum Schaden eines Unternehmens geben
Die vom BGH entschiedenen Fälle stellen für die Branche und die Fachanwälte nur erste Ansätze für die Lösung der offenen Fragen dar, aber die Entscheidungen zeigen, dass der BGH Verwechslungen zum Schaden eines Unternehmens vermeiden möchte. Allerdings wird mit weiteren Auseinandersetzungen vor unteren Instanzen gerechnet, da die Entscheidungen nicht alle Probleme, die bei Google auftreten können, abdecken. In dem an den Europäischen Gerichtshof abgegeben Fall handelt es sich um einen Streit um ein Keyword, das von der Beklagten gebucht wurde, für die Klägerin aber als Marke geschützt ist. Die Luxemburger Juristen sollen entscheiden, ob es sich um eine Markenrechtsverletzung handelt. Das harmonisierte europäische Recht ist die Grundlage für die Bestimmungen des deutschen Rechts, weshalb der BGH den Fall weitergeleitet hat.
Keywords in Automotive-Branche hart umkämpft
Da die Frage, ob die Nutzung von Keywords eine Markenrechtsverletzung ist, noch eine Zeit lang offen sein wird, sollte man Vorsicht walten lassen, wenn man Markennamen als Keywords nutzen möchte. Die Automotive-Branche ist im Bereich Keywords europaweit hart umkämpft, mehr als 55 Brandbucher „kämpfen“ um die Keywords. Der Dienstleister Xamine analysiert unter anderem Fremdbucher und geht von einem generellen Traffic-Verlust von bis zu 30 Prozent aus. Die deutschen Autobauer kennen das Problem und haben verschiedene Wege, damit umzugehen. Porsche blockiert keine Keywords, die sich auf andere Marken beziehen, Auch BMW ist der Wettbewerbssituation durch die Suchanfragen täglich ausgesetzt. Nicht nur Wettbewerber buchen Keywords, die mit BMW zu tun haben, sondern auch Gebrauchtwagenhändler mit dem Ziel, Traffic zu generieren. Mithilfe gezielter SEO- und SEM-Maßnahmen und der Markenstärke von BMW ist es dem Unternehmen bisher trotz dem sehr kompetitiven Vorgehen von Wettbewerbern in Märkten wie Spanien und Frankreich, gelungen, seine Spitzenposition zu behaupten, weshalb auch kein Anlass besteht, juristische Schritte einzuleiten, zumindest bis die einheitliche Rechtssprechung die letzten Fragen klärt.
Europäisches Festland muss auf Entscheidung des EuGH warten
Das europäische Festland muss auf eine Entscheidung des EuGH warten, denn nicht nur in Deutschland kennt man das Problem, auch französische und österreichische Gerichte haben Verfahren an den EuGH weitergeleitet. In Frankreich wird meistens Google selbst verklagt, nicht die werbenden Wettbewerber. In den englischsprachigen Ländern wurde die Frage schon geklärt. In den USA dürfen fremde Markennamen prinzipiell als Keywords genutzt werden, es gibt aber vereinzelt Ausnahme-Urteile. In Kanada, Großbritannien und Irland dürfen seit einem Jahr Markennamen bei Google als Keywords gebucht werden.
Beschreibende Bestandteile eines Markennamens dürfen als Keywords gebucht werden
Der BGH hat sich auch mit zwei anderen Fällen beschäftigt, deren Urteile Klarheit schaffen. Zum einen wurde geurteilt, dass ein Markeninhaber die Verwendung eines beschreibenden Bestandteils seines Markennamens nicht untersagen darf, selbst wenn es dann zu einer Verwechslung mit der geschützten Marke kommen kann. Dieses Urteil führt zu mehr Rechtssicherheit für die Wettbewerber, außerdem ist es im Interesse der Kunden. Wenn die Werbung als solche zu erkennen ist und getrennt von generischen Suchergebnissen auftaucht, muss keine Firma einen Rechtsstreit fürchten.
Markeninhaber haben bessere Karten als Nicht-Markeninhaber bei Verhandlungen
Das Markengesetz behandelt eingetragene Marken und nicht eingetragene so genannte geschäftliche Bezeichnungen, wie z. B. den Namen eines Unternehmen fast gleich. Das Urteil des BGH im dritten Fall überrascht hier, denn gemäß dem Urteil besteht keine Verwechslungsgefahr, da die Suchergebnisse von der Werbung klar getrennt sind und der Name der klagenden Firma nicht als Marke geschützt ist. Damit haben Nicht-Markeninhaber künftig schlechtere Karten. Vermutlich wird es in Zukunft mehr Entscheidungen in Spezialfällen geben, insbesondere Mischfälle, wobei die Markeninhaber hier wohl eher schlechtere Karten haben dürften. Ein Problem ist z. B. die Broad-Match-Funktion von Google. Wenn weitgehend passende Keywords zu einem bestimmten Begriff gebucht werden und Google dann einen Markennamen für ein Synonym hält, kann der Werbende wohl nicht dafür zur Verantwortung gezogen werden.