Das neue Versicherungsvertragsrecht soll vor allem den Kunden Vorteile reichen. So sollen die Versicherten bei der Lebensversicherung eine angemessene Beteiligung an den mit ihren Prämien erwirtschafteten Überschüssen erhalten. Außerdem bekommt der einzelne Versicherte einen Anspruch auf Beteiligung an den stillen Reserven. Das Gesetz soll außerdem für eine Verbesserung der Beratung und Information der Kunden sorgen, wenn sie eine Versicherung abschließen. Sie sollen künftig alle wichtigen Unterlagen und Informationen vor dem Vertragsabschluss erhalten. Das Alles-oder-Nichts-Prinzip fällt weg, sodass ein Versicherter auch dann über einen anteiligen Versicherungsschutz verfügt, wenn er beispielsweise den Versicherungsfall grob fahrlässig verursacht.
Altes Versicherungsvertragsgesetz veraltet
Das bisherige Versicherungsvertragsgesetz (VVG) ist 1908 in Kraft getreten und ist veraltet. Einzelne Reformen reichen nicht aus, um das Gesetz auf einen Stand mit den rechtspolitischen und –tatsächlichen Entwicklungen zu bringen, nur eine Generalüberholung kann hier Abhilfe schaffen. In dem Entwurf fanden auch Urteile des Bundesverfassungsgerichtes zur Überschussbeteiligung in der Lebensversicherung und des Bundesgerichtshofs zur Berechnung von Mindestrückkaufswerten Berücksichtigung. Die Lebensversicherung ist für die Wirtschaft von großer Bedeutung, im Jahr 2007 waren von 40 Millionen Versicherungsverträgen 94 Millionen Lebensversicherungen mit Brutto-Beiträgen von 72,6 Milliarden Euro.
Verbraucherschutz erhöhen
Ein großes Anliegen des neuen Gesetzes ist die Erhöhung des Verbraucherschutzes. So hat der Versicherer die Pflicht, den Versicherungsnehmer ausführlicher zu beraten und ihn verständlich und deutlich zu informieren. Das Beratungsgespräch muss dabei dokumentiert werden, damit der Versicherungsnehmer im Fall eines Rechtsstreits eine leichtere Beweisführung hat. Allerdings muss keine Beratung vorgenommen werden, wenn die Versicherung einfach ist oder der Versicherungsnehmer sich bereits informiert hat. Der Verzicht ist nur in schriftlicher Form rechtsgültig. Der Versicherungsnehmer muss nur solche Umstände angeben, nach denen er in schriftlicher Form gefragt wurde. Damit entfällt für ihn das Risiko der Fehleinschätzung, ob ein Umstand für die Versicherung relevant ist. In bestimmten Fällen hat der Geschädigte in Zukunft gegenüber dem Versicherer einen Direktanspruch, wenn es sich um eine Pflichtversicherung handelt.
Widerrufsrecht vereinheitlicht, Alles-oder-Nichts-Prinzip abgeschafft
Die Vereinheitlichung des Widerrufsrechts hat zur Folge, dass auch Handwerker und Freiberufler einen Vertrag widerrufen können. Dies muss innerhalb von zwei Wochen bzw. bei einer Lebensversicherung 30 Tage geschehen. Das Alles-oder-Nichts-Prinzip wird abgeschafft, sodass sich in Fällen grober Fahrlässigkeit die Folgen an der Stärke des Verschuldens des Versicherten bemessen werden. Bei einfacher Fahrlässigkeit hat er Anspruch auf volle Entschädigung, die Entschädigung wird nach je nach Schwere der Fahrlässigkeit abgestuft, aber ein Minimalanspruch bleibt immer bestehen. Falls die Versicherung während eines laufenden Versicherungsjahres die Versicherung kündigt oder von ihr zurücktritt, muss der Versicherte die Prämie nicht mehr bis zum Ende des Versicherungsjahres, sondern nur noch bis zum Zeitpunkt der Vertragskündigung zahlen. Die bisher geltende Klagefrist wird angeschafft, sodass der Versicherte seinen Anspruch auf die Versicherungsleistung nicht innerhalb von sechs Monaten geltend machen muss.
Lebensversicherung wird transparenter und moderner
Durch das Gesetz hat der Versicherte Anspruch auf Beteiligung an den stillen Reserven. Das bedeutet, dass der Versicherte auch an den zukünftigen Gewinnen (stille Reserven) beteiligt werden muss, in dem Maße, in dem sie durch seine Beiträge realisiert wurden. Allerdings ist noch nicht festgelegt, nach welchen Grundsätzen die Verteilung erfolgen soll. Der Versicherer muss dem Versicherungsnehmer erklären, welche Leistungen er vermutlich erwarten kann, wobei er deutlich machen muss, dass er die Leistungen nicht fest zusagt, sondern nur prognostiziert. Dazu muss er auch eine Modellrechnung erstellen. Die Berechnung des Rückkaufswertes bei der Lebensversicherung erfolgt in Zukunft nach dem Deckungskapital, also das Kapital, das zur Deckung der Ansprüche des Versicherten benötigt wird, auch dann, wenn die Versicherung vorzeitig gekündigt wird. Die Abschlusskosten der Lebensversicherung werden bei Kündigung nach dem Modell der Riester-Rente auf die ersten fünf Vertragsjahre verteilt. Die Abschluss- und Vertriebskosten werden in Zukunft sehr viel transparenter für die Verbraucher sein, denn die Versicherungen sind verpflichtet, die entsprechenden Zahlen offenzulegen. Abgesehen von der Transparenz für den Verbraucher bringt diese Änderung den Vorteil mit sich, dass sie den Wettbewerb zwischen den Versicherungen anheizen wird.
Recht gilt ab 01. Januar 2008
Alle nach dem 01.01.2008 geschlossenen Versicherungsverträge fallen unter das neue Gesetz. Alte Versicherungsverträge und diejenigen, die bis zum 31.12.2007 geschlossen werden, fallen bis zum 31.12.2008 unter das alte Gesetz, danach gilt für sie das neue Recht. Aber auch hier gibt es Ausnahmen, denn Altverträge fallen bereits ab dem 01.01.2008 in Bezug auf die Neuregelung der Überschussbeteiligung in Lebensversicherungen unter das neue Recht, während die Neuregelung der Rückkaufswerte nur für neue Verträge gilt.