In den nächsten zehn Jahren werden digitale
Technologien wie implantierte Mikrochips, maßgeschneiderte Arzneimittel und Operation-Roboter die Medizin und die Gesundheitswirtschaft auf Dauer verändern, so der Digitalverband Bitkom. In der Studie wurden 102 Experten zum Thema Health interviewt. Die Mehrheit der Befragten war der Meinung, dass die digitale Technologie einen großen Nutzen für die Gesundheit und die medizinische Versorgung bringen kann. Von den Befragten sind 80 Prozent der Meinung, dass die digitale Technologie dabei helfen kann, Krankheiten wie den Krebs zu besiegen. Zudem glauben fast 70 Prozent, dass die digitale Technologie die Lebenserwartung der Menschen verlängert. Fast genauso viele glauben, dass sich aufgrund der digitalen
Technologien die medizinische Vorsorge bei Krankheiten verbessert. Folge hiervon wird sein, dass wir länger leben und sich die Kosten der medizinischen Versorgung reduzieren werden. Es ist bereits heute üblich, die Vitalwerte per Fitnesstracker zu messen, was den Einzelnen auch immer mehr zur Bewegung motiviert. Zudem überprüfen auch viele Menschen mittlerweile ihre Herzleistungen mit einer APP, welche sogar in der Lage ist, bei schlechten Werten eine Warnung abzugeben. Und es gibt noch weitere Chancen beim Thema Digitalisierung, wenn es um die Medizin geht.
Individuelle Medikamente sind nichts Besonderes mehrWeitere Möglichkeiten gibt es bei der Individualisierten Medizin. Hierbei sind insbesondere Therapien gemeint, die mithilfe von Big-Data-
Technologien maßgeschneidert auf den Patienten angepasst werden. Dies ermöglicht es Faktoren wie Lebensstil, Geschlecht, Alter und Erbgut in der Behandlung von Krebserkrankungen zu berücksichtigen. Zusätzlich werden hierdurch Nebenwirkungen verringert und die Heilungschancen erhöhen sich ebenfalls. Von den befragten Experten gaben 60 Prozent an, dass die Herstellung individueller Arzneimittel in einigen Jahren nichts mehr Besonderes ist. Insbesondere IT-gestützte Diagnoseverfahren (Decicion Support Systeme) werden eine größere Bedeutung einnehmen. Hierunter versteht man Computer, die mit medizinischen Datenbanken verbunden sind. Zudem können diese Datenbanken sehr schnell ausgelesen werden. Ärzte erhalten so die Möglichkeit, Krankheiten schneller und präziser zu erkennen. Fast 80 Prozent sind der Ansicht, dass dieses
Verfahren in zehn Jahren Standard sein wird. Die medizinische Forschung legt zurzeit ein starkes Tempo vor, was es den Ärzten nicht immer einfach macht, mit der rasanten Entwicklung mitzuhalten. Von Nutzen könnten den Ärzten dabei die Hochleistungsrechner und die Big-Data Technologie sein.
Telemedizinische VerfahrenAber auch telemedizinische
Verfahren werden in den nächsten zehn Jahren immer mehr Raum einnehmen. Der Austausch eines Mediziners mit anderen Spezialisten wird zukünftig immer mehr zunehmen. Röntgenaufnahmen können beispielsweisen per Videoaufnahmen gemeinsam mit Fachkollegen ausgewertet werden. 98 Prozent glauben, dass telemedizinisch unterstützte Operationen eine wichtige Rolle einnehmen werden. Wenn es dann problematische Fälle gibt, kann ein führender Spezialist aus dem Ausland hinzugezogen werden. Nach Ansicht aller Experten wird die telemedizinische Routineüberwachung des Gesundheitszustandes des Menschen von großer Bedeutung sein. In Zukunft können Herz- oder Diabetespatienten von Zuhause aus Werte wie Blutdruck, EKG, Gewicht oder Blutzucker elektronisch an den Arzt übermitteln. Die Werte können so vom Arzt selbstständig ohne ständige Praxisbesuche oder Krankenhausaufenthalte seiner Patienten überprüft werden. Von den Experten denken 70 Prozent, dass Onlinesprechstunden zwischen dem Arzt und Patienten immer wichtiger werden. Der Arztbesuch soll hierdurch nicht entfallen, sondern nur ersetzt werden. Insbesondere für chronisch Kranke, Ältere und Menschen und Patienten in wenig besiedelten Regionen bietet die Telemedizin weitreichende Vorteile, denn der Patient erhält eine gute Versorgung ohne erst weite Strecken auf sich nehmen zu müssen. Durch diesen Faktor verbessert sich natürlich auch die Lebensqualität der Patienten.
Zukünftige MedizintrendsZusätzlich zu den drei bekanntesten Medizintrends wie die individualisierte Medizin, die Telemedizin und IT-gestützte Diagnoseverfahren, gibt es noch viele weitere medizinische
Verfahren, die neu entwickelt oder optimiert werden können. 40 Prozent sind der Meinung, dass Operation-Roboter in Zukunft im Alltag eingesetzt werden können. Bereits heute setzt man schon die digitalen Chirurgen für urologische Eingriffe ein, um Einschnitte zu verkleinern und so die Wundheilung zu verbessern. Fast 50 Prozent der Befragten gehen davon aus, das Therapie-Systeme aus Medikamenten und digitalen Produkten wie Apps die Patienten in Zukunft bei der Einnahme unterstützen werden. Und genauso viele rechnen damit, dass die Herstellung von Prothesen und Implantaten aus dem 3D-Drucker gang und gäbe sein wird. Ebenfalls werden in zehn Jahren implantierte Mikrochips für die Medikamenteneinnahme zum medizinischen Alltag gehören. Aber auch in Zukunft werden die Ärzte wichtig bleiben, wenn es um eine lückenlose Behandlung geht. Die digitalen
Technologien werden in naher Zukunft die Ärzte nicht ersetzen können. Fast 30 Prozent der Befragten sind der Ansicht, dass die digitale Technologie die Ärzte wird ersetzen können. Die Erfahrungen und Intuitionen vieler Ärzte lassen sich nicht durch Mikrochips, Algorithmen oder Roboter ersetzten, so 93 Prozent der Befragten. Trotzdem können sie in der Zukunft eine nützliche Unterstützung sein. Folge der Digitalisierung wird ebenfalls sein, dass sich die Geschäftsmodelle in der Gesundheitswirtschaft verändern werden. Die Pharmaunternehmen werden in Zukunft nicht mehr nur als reine Medikamenten-Hersteller auftreten, sondern auch weitere Produkte und Dienstleistungen anbieten. Mittlerweile sind fast 98 Prozent der befragten der Meinung, dass zukünftig sogenannte Lifestyle-Produkte wie Nahrungsergänzungsmittel einen großen Umsatzanteil bei den Pharmaunternehmen ausmachen werden. Sogar Digitalprodukte wie Apps, welche bei der Medikamenteneinnahme unterstützen, werden bald bei den Pharmaunternehmen nichts Außergewöhnliches mehr sein (93 Prozent). Zudem gaben 82 Prozent an, dass sie davon ausgehen, dass vermehrt Dienstleistungen wie das Auswerten von Gesundheitsdaten zur Entwicklung von medizinischen Behandlungsformen oder für das Therapiemonitoring angeboten werden. Über 50 Prozent der Befragten glauben, dass die Auswertung von
Social-Media- oder App-Daten zu Wirkungen und Nebenwirkungen von Medikamenten ein gängiges Modell in naher Zukunft darstellen wird. Mittels der Auswertung der Daten ist es möglich, Medikamente zu optimieren.
Steigender WettbewerbAber auch die
Wettbewerbssituation wird sich aufgrund der Digitalisierung verändern. So gehen 70 Prozent der Start-ups davon aus, dass deren größte Konkurrenz Unternehmen aus dem Biotech-Bereich sein werden. Nur ein Prozent der Befragten schätzt internationale Mitbewerber aus dem Pharmabereich als noch bedeutender ein. Nationale Mitbewerber liegen mit 58 Prozent auf Platz drei, dicht gefolgt von den Online-Händlern (39 Prozent). Online-Apotheken schätzt man zusätzlich als starke Konkurrenten (28 Prozent). Zudem betrachten 25 Prozent große Unternehmen aus der Digitalbranche als Konkurrenz. Die Befragten gaben an, dass die starke Regulierung ein zusätzliches Innovationshemmnis darstellt (61 Prozent). Viele Patienten sind auch noch nicht bereit für diesen Schritt. Viele Patienten sind auch noch nicht bereit, Geld für Gesundheit auszugeben (56 Prozent). Zusätzlich gaben viele an, dass der Mangel an IT-Spezialisten in diesem Bereich ein weiteres Hemmnis darstellt (38 Prozent). Weitere Hemmnisse sind der Mangel an Kapital für Forschung und Entwicklung in den Unternehmen (27 Prozent) und die zu strengen datenschutzrechtlichen Vorschriften (20 Prozent). Für die Zukunft der deutschen Pharmaunternehmen sehen 43 Prozent der befragten Unternehmen positiv. Fast 10 Prozent glauben sogar, dass deutsche Unternehmen in diesem Bereich weltweit führend sein werden. Die Pharmabranche wird bei digitalen Innovationen in den nächsten Jahren einen Platz im Mittelfeld einnehmen (39 Prozent). Daran, dass sie nur eine untergeordnete Rolle spielen, glauben nur zehn Prozent. Die meisten Unternehmen sehen in der Digitalisierung eine große Chance. Nur drei Prozent sehen in ihr ein Risiko. Die Pharmaunternehmen haben die Chancen von digitalen
Technologien erkannt, nur die Voraussetzungen müssen noch von allen umgesetzt werden, wenn man die Chancen nutzen will. Aber auch die rechtlichen Voraussetzungen müssten z.B. im E-Health-Gesetz stärker verankert werden. Insbesondere die Telemedizin soll auf Rezept für die telekonsiliarische Befundung von Röntgenaufnahmen eingeführt werden. Das kann aber nicht alles sein, weitere Anwendungsfelder wie bei Schlaganfall, Herzinsuffizienz oder Diabetes müssen vom Gesetzgeber zugelassen werden.